Volle oder schmale Lippen? Was ist für Flöte optimal, und was funktioniert nicht?
Als die Autorin mit 9 Jahren mit der Flöte beginnen wollte hat es geheißen: Mit so dicken Lippen und in dem jungen Alter geht es überhaupt nicht. Damals war der erforderliche Mindestalter 12 Jahre, obwohl schon in der Zeit der gebogene Kopf existierte und von einigen sehr aufgeweckten Lehrern benutzt wurde. Nachdem die Autorin dann überraschender weise beim Testen doch einen sehr schmutzigen aber kräftiger Ton heraus bekommen hat, durfte sie doch Schülerin werden. So ganz leicht war die Sache allerdings nicht, denn eine Ansatz Technik und Lösungen für verschiedenen Problemen gab es nur für die damals als „geeignet“ bezeichnete schmalen Lippen gegeben. Ein gutes Jahrzehnt wurde bei zig verschiedenen renommierten Lehrer vergeblich nach Hilfe gesucht. Nachdem die meisten sich nicht auskannten ignorierten sie das Problem einfach und nur ganz wenige wurden interessiert und versuchten zu experimentieren in der Hoffnung eine Lösung anbieten zu können.
Fakt ist, dass tatsächlich nicht alle Lippen für das Flötenspiel geeignet o. gut geeignet sind.
- Wenn jemand ein hervorstehender Oberkiefer hat, indem auch die Zähne nach vorne stehen, wird das Flötenspiel praktisch unmöglich. Denn für einen gelungenen Einblaswinkel müssen Ober -und Unterkiefer in der gleichen Ebene sein. Wenig Abweichung kann ev. kein Problem sein. Für eine bessere Intonation wird die Technik den Unterkiefer ein wenig nach vorne zu schieben lediglich ja unterrichtet und praktiziert. Aber in diesem Fall sind Klarinette u/o Saxophon bestimmt die gewinnbringende Wahl.
- Wenn man bei der Oberlippe ein Herzchen runterhängen hat (siehe Abbildung) wird das Flötenspielen ebenfalls kaum bis gar nicht funktionieren. Ab dem Moment wo man mit den Lippen einen Flötenansatz formt müsste in der Mitte ein kleines Loch entstehen, das von links und rechts mit den Muskeln abgeschlossen und sozusagen gehalten wird. Bei den Lippen mit Herzchen entsteht aber genau links und rechts eine leichte Öffnung und das erwünschte Loch in der Mitte wird von dem Herzchen geschlossen. So kann die Luft unmöglich konzentriert in einem Strom in das Einblasloch des Flötenkopfes gelingen, sondern verschwindet auf beiden Seiten.
Nach langjähriger Unterrichtspraxis kann die Autorin sagen, dass mindest bei ihre Begegnungen nur mit diesen beiden Lippen Formen keine Ergebnisse erzielt werden konnten. Schüler mit schmalen Lippen haben meistens keine Probleme bei der Tonbildung, was nicht heißt, dass diese Lippen zwangsläufig auch einen sehr schönen, sauberen Flötenklang mitbringen. Wie sieht es mit vollen Lippen aus? Die Autorin testete verschiedene Flötenköpfe die alle bei dem Einblasloch eine andere Form und Größe aufwiesen. Es hat sich Folgendes heraus gestellt:
Je größer und breiter das Einblasloch, desto schöner und sauberer der Flötenton. Für die genaue Erklärung müsste wahrscheinlich ein Arzt her, der dieses Ergebnis anatomisch und fachlich kompetent begründen könnte. Die Autorin vermutet, dass bei vollen Lippen einfach mehr „Material“, mehr Fleisch vorhanden ist, und dieses „Material“ braucht eben auch mehr Platz. Bei schmalen Lippen wird ein Ansatz auch schmaler als bei jemandem mit vollen Lippen.
Tatsache ist: Die Behauptung, dass nur schmale Lippen für das Flötenspiel geeignet sind, ist definitiv veraltet und auf keinen Fall relevant. Denken wir nur an den Afroamerikaner, Hubert Laws, der Solo Flötist der Metropolitan Opera in New York war und auch mit den New Yorker Philharmoniker unter Zubin Mehta als Solist aufgetreten ist.
Mit dem richtigen Flötenkopf, Einstellung und Lehrer, der all die nötigen Techniken, Ausdauer, Disziplin usw. bestens vermitteln kann, kann jede/r mit vollen Lippen ein/e ausgezeichnete/r klassische/r Flötist/in werden.
2 Comments
Sehr geehrte Frau Kindler, darf ich einwenden, dass ich trotz deutlichem“Herzchen“ in der Oberlippe Flötist und Solopiccolist an der Staatsoper Stuttgart geworden bin. Solche Einschränkungen auf Grund der Anatomie sind immer problematisch
Besten Gruß,Joseph Singer, Stuttgart
Sehr geehrter Herr Singer, es freut mich sehr, dass Sie trotz “Herzchen“ Ihren Weg gefunden haben, und mit der Querflöte so erfolgreich sind! Ich habe in meinem Leben bis jetzt leider niemand getroffen, der mit so einem Ansatz Flöte spielt u/o. für dieses „Problem“ eine gut Lösung parat gehabt hätte. Vielleicht haben Sie mal Lust auf meiner Seite über das Thema ein Gast Beitrag zu schreiben? Es gibt sicher viele Flötisten -eingeschlossen mich- die über Ihre Erfahrungen mit großer Interesse lesen würden! mit besten Grüßen, Gerda Moser-Kindler