Wie findet man die Balance zwischen Üben und Rasten
Ein Instagram Post von der Musikerin Leah hat mich zum nachdenken gebracht. Sie berichtet darüber die ganze Zeit zu arbeiten und immer alles in die eigene Hand zu nehmen. Sie empfindet den Drang immer etwas zu tun, weiß aber nicht wie sie die Balance zwischen Arbeit und Rasten finden soll.
Das Thema erinnerte mich daran wie ich als angehende klassische Musikerin aufgewachsen bin.
Das Üben war das absolut Wichtigste. Es wurde schon um 07:00h in der früh vor der Schule geübt und auch Nachmittags wenn andere Kinder draußen gespielt haben. Ich empfand es erst mit 10 Jahren als super lästig und wollte alles hinschmeißen, was mir Gott sei Dank nicht erlaubt wurde. Nach einer Woche ging ich wieder fröhlich zur Kapellen Probe.
Intensiv und teilweise zermürbend wurde das Üben in der Fachmittelschule. Denn die Balance und der gute Rhythmus zwischen Freizeit und „Arbeit“ war nie ein Thema. Nirgendswo. Wir wollten ja alle Profi Musiker werden und dementsprechend viel wurde auch verlangt. Die 4 Jahren bis zur Matura gingen in einem strengen Marsch voran.
Ab 07:00h wurde um die Übezimmer gekämpft, Unterricht besucht, schnell das Mittagessen runtergedrückt, Nachhilfe Unterricht für Tonsatz und Gehörbildung, dann noch die allgemeinen Fächer, zurück in die Musikschule um Übezimmer zu kämpfen, üben bis 22:00h, ins Studentenheim zurück, essen und lernen.
Das wir Jugendliche sind und uns mal auch amüsieren sollten kam niemanden in den Sinn. Wer sollte schon ins Kino gehen anstatt zu üben? Wir haben mit Luftrohrentzündung und mit gestauchter und geschwollener Hand geübt und Konzerte gespielt. In den 4 Jahren haben wir uns ein einziges Mal einen Vormittag kurz freigenommen in einen nahegelegenen Park zu gehen, und was war das Resultat?
Schlechtes Gewissen.
Das Ergebnis? Oft verkrampftes und nicht immer gut gelungenes Musizieren.
Deswegen betone ich in meinem Unterricht, dass meine Schüler sich auch genug Zeit für sich nehmen sollen. Man lernt nicht nur dann, wenn man tatsächlich Flöte spielt, sondern wenn man eine Musik Doku anschaut, oder ein Buch liest das einen inspiriert. Wenn man selber komponiert oder improvisiert. In andere Kunstbereiche einzutauchen erweitert unser Spektrum und bereichert unser Musizieren. Regelmäßiger Sport – für Musiker am besten Schwimmen – sichert genug Kraft und gut vorbereitete Muskeln fürs Üben und Spielen.
Weiterhin ermutige ich meine Schüler in den Ferien, im Urlaub ruhig mal die Flöte beiseite zu legen, und zu faulenzen. Das schafft Abstand und später einen neuen, weiteren Blick auf die aktuellen Stücke, und ermöglicht es die Reserven wieder aufzufüllen. All das ist wichtig, denn Musik zu machen verlangt einem viel ab, sowohl geistig als auch körperlich.
Das sind meine Richtlinien für Hobby FlötistInnen, aber auch angehende Profis sollten sich ihren Gedanken machen.
Zu viel Opfer zu bringen kann schnell zur längerfristigen Krankheiten mit bleibenden Schäden führen, und im schlimmsten Fall kann das das Ende einer Karriere bedeuten.
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