Bericht über den Jazz Flute Beatboxing Workshop mit Dirko Juchem Teil II.

Über den zweiten Tag:

Auch am zweiten Tag bleiben wir im kleinen Zimmer. Herr Juchem den wir an diesem Tag schon alle mit „Dirko” ansprechen erzählt uns aufgeregt, dass er das neue Lied in der Nacht nach seiner Auftritt noch einmal bearbeitet hat. Jetzt werden wir aufgeregt, weil wir noch immer nicht wissen, welches denn das neue Lied ist! Auch diesmal sind alle (neuen) Teilnehmer freundlich und gut gelaunt. Wir stöbern gemeinsam zwischen den vielen Notenheften und CDs, die Dirko auf das Pianino gelegt hat. Alle seine Werke:

Pop Balladen, Jazz Standards, klassische Stücke mit Jazz Begleitung, ein Arbeitsheft für Improvisation, seine Jazz Flute Beatboxing Solo CD (Dirko Juchem 16 flute solos), und auch eine mit Barbara Dennerlein, wo er neben Flöte auch allerlei Saxophone spiel! (Dirko Acoustic Groove. Auf dieser CD kann ich allen in erster Linie „Memphis Underground“ und „Freedom Jazz Dance“ empfehlen. Ersteres Lied wird zwar im Stile Jazz-Rock behalten, ist aber keineswegs eine Kopie. Dirko macht sein eigenes Ding, mit eigenen Effekten und Soli. Es ist das erkennbare alte und trotzdem ein völlig neues „Memphis Underground“ mit einem gut durchdachten Arrangement. Toll ist das eingebaute Kontrabass Solo, das im original Lied nicht zum hören ist!)
Er zeigt uns sogar sein neuestes Heft, das in Februar erscheint, in dem er Jazz Improvisation, aber auch den so genannten „Jethro Tull Sound“ (humming) und Flute Betboxing erklärt! Dieses Heft können wir leider noch nicht kaufen, aber auf Amazon kann man schon vorbestellen.

Endlich ist es soweit!
Er spielt uns das Lied das wir heute erarbeiten. Es ist „Ain’t no sunshine“, das alle Flötisten von Rahsaan Roland Kirk kennen. Ein ziemlich kluges und ideenreiches Arrangement. Es beinhaltet sowohl die wichtigsten Akkordtöne als auch die Melodie. Ersteren werden nur mit Effekten, die zweite mit richtigem Flötenton gemeistert. Eine Kombination die für klassische Flötisten fürs erste schwer fallen kann. Nach einer Intro im rubato kommen wir zum Teil A2. Hier spielen wir schon auch den Drumset und die Melodie abwechselnd. Nach dem B Teil ergibt sich für uns wieder die Möglichkeit ein 4-taktiges Solo zu improvisieren. Auch heute machen wir den Prozess durch, erst nur mit einem Ton, dann mit zwei, drei, vier und am Schluss mit fünf Tönen zu improvisieren. So kommen wir bei der pentatonischen Tonleiter an, mit der jede/r was Schönes auf die Reihe kriegt. 🙂 Eine Unterrichtsmethode, die von Dirko stammt und sich als höchst erfolgreich beweist. Jede/r bekommt auch einzeln die Möglichkeit zu improvisieren, wehrend wir anderen sie/ihm mit den Akkordtönen in der jeweiligen Tonart mit Flute Beatboxing begleiten.
Es taucht die Frage auf, ob man nur im 4/4 (geraden) Takt oder auch in ungeraden Taktarten wie z.B. 5/4 beatboxen kann?
Nun, im Grunde genommen kann man schon. Die zwei wichtigsten Schwerpunkte aber, die 1. und die 3. zu betonen fallen teilweise richtig schwer. So groove-t unser Beat auch nicht so wirklich und wir beginnen gleich herum zu probieren. So wird von einer ¾ Takt schnell 6/8, die wir ja im 2-er betonen. Eine zufrieden stellende Lösung finden wir nicht.

Im türkischen Büffet werden wir diesmal schon erwartet.
Der Besitzer steht mit einem riesigen Lächeln hinterm Pult und nimmt unsere Bestellungen schnell auf. Diesmal bekommen wir das Essen bald. Umso länger dauert es die mega großen Portionen zu verputzen. Beim Tisch diskutieren wir weiter über Jazz Flötisten, wie es uns Vormittag mit den Übungen gegangen ist, wer wo seine/ihre Schwierigkeiten mit der Flute Beatboxing Technik hat und wie sie/er es versucht sie zu lösen.

Nachmittag lernen wir das Lied fertig.
Nun soll es von vorne bis zum Schluss durchgespielt werden.
Die Intro wird unter mehreren von uns aufgeteilt, und für die 4 Takte Soli stehen noch auch Plätze frei. Viele sind schüchtern und unsicher und trauen sich weder für die Intro noch für die Soli zu melden. Kein Wunder bei Flötisten die bis jetzt ausschließlich das gespielt haben (und spielen durften), das sie in den Noten gesehen haben. So sind wir immer die gleichen 4-5 Leute die sich gerne „opfern“. Dirko spielt auch einige Soli mit, und das ist eine seltene Möglichkeit von einem Jazz Flötisten so lernen zu können. Weil: Es gibt zwar viele Jazz Kurse, die Querflöte steht aber nie unter den angebotenen Instrumenten. Als Flötist unter den vielen Saxophonisten mitzumachen macht nicht wirklich viel Spaß- auch wenn das eine gute Übung fürs Transponieren ist…
Auch dieser Tag verfliegt viel zu schnell.
Manche müssen sogar wegen ihren Zugverbindungen früher weg und bald bleibt nur mehr das „harte Kern“. So entsteht aber die Möglichkeit mit Dirko endlich in aller Ruhe zu reden. So erfahren wir, dass er die Bassflöte vor Altflöte wegen ihrer Lage bevorzugt. Nachdem die Bassflöte (auch) in C ist, muss man nicht so viel umdenken beim Mitspielen. Jetzt noch schnell eine Stunde Einzelunterricht oder nur noch zu dritt würde ich nur zu gut vertragen, geht aber nicht. So eine Zusatz Leistung beinhaltet der Workshop nicht und man könnte berechtigt fragen: Waren Dir denn die 2 Tage nicht genug?
Nein!
Definitiv nicht.
Je mehr man davon kriegt desto mehr will man haben. Je mehr man sich mit dem Thema auseinander setzt umso mehr neue Fragen tauchen auf, die man mit Dirko unbedingt besprechen möchte. Nun bleibt mir aber nichts übrig, als mich zum Bahnhof zu schleppen und beim warten weiter zu grübeln. Da weiß ich noch nicht, was für eine abenteuerliche Rückreise ich erleben werde…Nein. Da denke ich noch nur an die böse Katze und die Dicke Zicke und, dass Beatboxing schon eine so ziemlich humorvolle Technik ist. 😀


Rahsaan Roland Kirk

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